Und so funktioniert ein Bürgerbegehren

Mit einem Bürgerbegehren können wir als Bürger*innen beantragen, anstelle des Rates über eine Angelegenheit der Stadt selbst zu entscheiden. Dafür mussten wir 24.625 Unterschriften von wahlberechtigten Kölner*innen sammeln. Unsere Forderung für das Bürgerbegehren musste als Frage formuliert sein, die mit Ja oder Nein zu beantworten ist und begründet werden.

Die Formalitäten

Im September 2020 haben wir mit dem Sammeln der Unterschriften begonnen. Zuvor hat die Verwaltung der Stadt Köln die Kosten geschätzt, die mit der Umsetzung der Forderung des Bürgerbegehrens voraussichtlich verbunden sind. Weitere Informationen zu dieser Kostenschätzung und unsere Stellungnahme dazu findet ihr hier. Der Stadtrat muss außerdem entscheiden, ob er das Bürgerbegehren als formal zulässig ansieht.

Unterschriften brauchten wir (Gesammelt haben wir etwa 30.000!)

Direkte Demokratie

Nachdem wir die Unterschriftenlisten eingereicht hatten, befasste sich der Stadtrat inhaltlich mit der Forderung des Bürgerbegehrens. Und in der darauf folgenden Sitzung musste der Stadtrat darüber entscheiden, ob er die Forderung annimmt und beschließt – oder nicht. Wäre der Stadtrat nicht bereit gewesen, unsere Forderung (bzw. das dann verhandelte Mediationsergebnis) umzusetzen, hätten wir bei der Stadtverwaltung beantragen können, innerhalb von drei Monaten einen Bürgerentscheid durchzuführen.

So funktioniert direkte Demokratie.

Was ist ein Bürgerentscheid?

Wann?

Idealerweise sollte ein Bürgerentscheid gleichzeitig mit einer anderen Wahl geschehen, z.B. einer Bundes- oder Landtagswahl. So erhöht sich die Anzahl der Abstimmenden.

Wer?

Abstimmungsberechtigt sind alle Menschen mit deutschem Pass, EU-Bürger:innen, die am Abstimmungstag das 16. Lebensjahr vollendet haben und mindestens seit dem 16. Tag vor der Abstimmung ihren Wohnsitz in Köln haben.

Wieviel?

Die Frage ist im Sinne des Bürgerentscheid entschieden, wenn sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen mit Ja beantwortet wurde und diese Mehrheit mindestens 10 % aller zur Stimmabgabe bei der Kommunalwahl berechtigten Menschen beträgt. Damit soll vermieden werden, dass sich Interessen einer kleinen Minderheit durchsetzen, die in keiner Weise den Willen der Bürger:innen insgesamt widerspiegeln.

Ein erfolgreicher Bürgerentscheid wirkt wie ein Ratsbeschluss.

Und hier waren Bürgerentscheide

(auch) schon erfolgreich!

 

Dachau: Die Bürgerinitiative Kontra-Kohlestrom engagierte sich 2010 erfolgreich gegen eine geplante Beteiligung der Stadtwerke Dachau an den neu zu bauenden Kohlekraftwerken in Lünen und Krefeld. 62% der Dachauer:innen stimmten im Bürgerentscheid für den Ausstieg der Stadtwerke. Dies war der erste erfolgreiche Bürgerentscheid, in dem sich die Bürgerinnen und Bürger gegen Kohlekraftwerke ausgesprochen haben. Die Stadtwerke Dachau sind daraufhin aus dem Projekt Krefeld ausgestiegen. Ein Ausstieg aus Lünen war es zu diesem Zeitpunkt laut den Stadtwerken rechtlich nicht möglich. In einem aktuellen Pressebericht steht, dass die Stadtwerke nun aufgrund der Beteiligung an Lünen hohe Verluste machen und die Beteiligung nicht los bekommen.

Aachen: Dachau diente wiederum als Vorbild für die Bürgerinitiative “Saubere Energie Aachen”, die mit Unterstützung der Klima-Allianz und Bürgerbegehren Klimaschutz mit einem Bürgerbegehren erfolgreich Druck auf die Aachener Stadtwerke (STAWAG) ausübte aus der Beteiligung am Kohlekraftwerksprojekt Krefeld auszusteigen. Januar 2011 gab die STAWAG den Ausstieg aus dem geplanten Steinkohlekraftwerk bekannt. Damit war das Bürgerbegehren bereits im Wesentlichen umgesetzt.

Hamburg: 2013 hat ein breites Bündnis mit dem Namen „Unser Hamburg – Unser Netz“ mit einem Volksentscheid die Rekommunalisierung der Netze in Hamburg durchgesetzt. Die Volksinitiative „Tschüss Kohle“ fordert für den Stadtstaat Hamburg den Kohleausstieg bis 2030. Schon ab 2026 soll die Fernwärmeversorgung der Stadt kohlefrei werden. Hamburg bekommt nun eine Art gigantische Öko-Zentralheizung – weil sich die Klimaschützer:innen per Volksbegehren das Fernwärmesystem von Vattenfall zurückgeholt haben. www.tschuess-kohle.de

München: Im November 2017 hat das Bündnis „Raus aus der Steinkohle“ mit einem Bürgerentscheid die Abschaltung des Kohlekraftwerkes der Stadtwerke München bis 2022 durchgesetzt. www.raus-aus-der-steinkohle.de
Wenige Tage später verkünden die Stadtwerke Erlangen die Umrüstung des dortigen Heizkraftwerks von Steinkohle auf Gas ab 2021.

Berlin: Die Berliner Stadtwerke bieten heute hundert Prozent Ökostrom an und das Land Berlin hat als erstes Bundesland den Kohleausstieg bis 2030 gesetzlich festgeschrieben – weil ein Volksbegehren den nötigen Druck auf die Politik aufgebaut hat. www.berliner-energietisch.net

In Leipzig gibt es das Bündnis “Leipzig kohlefrei” was sich u.a. für den Ausstieg der Fernwärmeversorgung aus dem Kohlekraftwerk Lippendorf eingesetzt hat.