Dekarbonisierung der RheinEnergie
Erste wichtige Schritte sind getan, aber das Ziel „Klimaneutral bis 2035“ ist noch in weiter Ferne
In diesem Blogartikel stellen wir dar, an welchen Stellen sich die RheinEnergie (RE) schon engagiert für die Energie- und Wärmewende einsetzt – und wir erläutern, wo noch Handlungsbedarf besteht.
Dafür ordnen wir Informationen aus den aktuellen Erzeugungs- Umwelt- und Geschäftsberichten der RheinEnergie AG ein. Wir zeigen auch auf, welche der in der Mediationsvereinbarung verbindlich zugesagten Maßnahmen die RE bisher nicht erfüllt hat. Den Schwerpunkt legen wir dabei auf die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung.
Zusammenfassung
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- Die RheinEnergie (RE) treibt den Ausbau von Windenergie und Photovoltaik-Anlagen für die Stromerzeugung bundesweit und im Kölner Stadtgebiet sehr engagiert voran.
- Die Erzeugung von erneuerbarer Wärme liegt derzeit bei unter 2 %, und die bisherigen Pläne für den Ausbau von erneuerbarer Wärme reichen für die Dekarbonisierung bei Weitem nicht aus.
- Die RE scheint bisher im erheblichen Maße auf Wasserstoff für die Strom- und Wärmeerzeugung in Heizkraftwerken zu setzen.
- Die RE verschweigt die CO2-Emissionen des großen
Steinkohlekraftwerkes in Rostock, an dem sie zu knapp 50 % beteiligt ist, in ihren Berichten und CO2-Bilanzen.
1) Strategisches Ziel der RheinEnergie
„Es ist und bleibt unsere wichtigste Aufgabe, Köln und die Region zuverlässig, nachhaltig und bezahlbar mit Energie, Wärme und Wasser zu versorgen. Gleichzeitig stellen wir die Weichen für den Weg in eine dekarbonisierte und resiliente Zukunft unserer Energieversorgung.“ (…) „Das Ziel ist die vollständige Dekarbonisierung der gesamten Energieversorgung (Strom, Wärme) bis 2035“
[Geschäftsbericht 2023 der RheinEnergie AG, Seite 3 und 23]
Mit dem Wegfall „billiger“ fossiler Brennstoffe aus Russland seit 2022 sind die Energiekosten erheblich gestiegen. Die Energiekrise hat dem Vorstand der RheinEnergie erneut vor Augen geführt, wie wichtig es ist, sich aus der Abhängigkeit von unzuverlässigen Lieferanten zu befreien. Die aktuelle Flutkatastrophe in Spanien mit Hunderten von Toten unterstreicht die Dringlichkeit der Abkehr von klimaschädlichen, fossilen Energieträgern.
2) CO2-Emissionen der RheinEnergie
Treibhausgas-Bilanzierung nach Greenhouse Gas Protocol (GHG):
Seit 2021 führt die RheinEnergie jährlich eine Treibhausgas-Bilanzierung durch, die im Nachhaltigkeitsbericht der Stadtwerke Köln GmbH veröffentlicht wird.
Die brennstoffbedingten CO2-Emissionen durch Heizkraftwerke, Heizwerke, Heizkessel und Blockheizkraftwerke der RheinEnergie in Köln betrugen 2023 insgesamt 1.454.100 t, was einem Rückgang von 8,8 % gegenüber dem Vorjahr entspricht, aber immer noch viel zu hoch ist.
Die RheinEnergie sagt dazu: „Wesentliche Treiber des Rückgangs der CO2-Emissionen waren die Umstellung im Privat- und Gewerbekunden-Segment auf 100 % Ökostrom sowie geringere Emissionen infolge eines starken Mengenrückgangs bei der Gasverstromung.“
Auch wenn sich diese CO2-Emissionen seit ein paar Jahren kontinuierlich vermindern, sind es immer noch enorm große Mengen. [Erzeugungsbericht der RheinEnergie für 2023, S. 8]
„Wenn die RheinEnergie bis 2035 klimaneutral sein möchte, muss sie jährlich 132.200 t CO2 einsparen.“
Die RheinEnergie ist am Steinkohlekraftwerk Rostock zu 49,62 % beteiligt, die restlichen 50,38 % hält die Energie Baden-Württemberg GmbH (EnBW). Die RheinEnergie gibt in ihren Nachhaltigkeits- und Erzeugungsberichten das Steinkohlekraftwerk Rostock und dessen CO2-Emissionen weder an, noch bezieht sie sie in ihre Treibhausgas-Bilanzierung ein.
3) Kohlekraftwerk Rostock
2021 hat Klimawende Köln gemeinsam mit der Rostocker Klimabewegung gefordert, dass das Steinkohlekraftwerk Rostock Ende 2024 stillgelegt und der Fernwärmeliefervertrag mit den Stadtwerken Rostock nicht über 2024 hinaus verlängert wird.
Im Rahmen der Mediation hatte uns die RheinEnergie zugesagt:
“… die ihr zuzurechnende CO2-Emission aus dem Kraftwerk Rostock zu vermeiden, indem das Kraftwerk bis spätestens 2030 keine Steinkohle mehr einsetzt. Im Falle von Szenario 3 (Anmerkung: dem positivsten der drei vereinbarten Szenarien) erfolgt die Stilllegung deutlich vor 2030.
Die RheinEnergie wird sich im Zuge des Überprüfungsmechanismus dafür einsetzen, dass eine vorzeitige Stilllegung der Anlage ab Ende 2025 – soweit wirtschaftlich tragfähig – im Einvernehmen mit der EnBW umgesetzt werden kann. Dafür werden frühzeitig Gespräche mit der EnBW geführt.“
Am 31.07.2024 hat uns die RheinEnergie mitgeteilt, dass diese Zusage nicht mehr gilt. EnBW und RheinEnergie beabsichtigen, das Kraftwerk so lange zu betreiben wie nach dem Kohleausstiegsgesetz möglich. Demnach muss das Kraftwerk voraussichtlich erst 2032 stillgelegt werden.
„Weil der Ausbau von erneuerbaren Energien gut vorankommt und die Preise für Erdgas wieder gefallen sind, werden die Steinkohlekraftwerke jedoch immer seltener benötigt. Das Kraftwerk Rostock wurde z.B. am 8.3.2024 heruntergefahren und bis zum 1.10.2024 nicht betrieben, weil in diesem Zeitraum weder Strom noch Wärme benötigt wurden.“
In dem Diagramm ist gut zu erkennen, dass die Betriebszeiten, ange- geben in Volllaststunden, langfristig betrachtet, immer weiter ab- nehmen. Die Volllaststundenzahl für 2024 lag am 19.11.2024 bei nur 11,8 %.
4) Die RheinEnergie setzt bei der Strom- und Wärmeerzeugung noch stark auf fossile Energien
Quelle: Erzeugungsbericht der RheinEnergie für 2019-2023
Das Diagramm zeigt, dass die RheinEnergie im Jahr 2023 ihren Strom zu 90,7 % aus fossilen Energieträgern und nur zu 9,3 % aus erneuerbaren Energien erzeugt hat.
Quelle: Erzeugungsbericht der RheinEnergie für 2019-2023
Aus dem Diagramm ist ersichtlich, dass die RheinEnergie im Jahr 2023 insgesamt 98,3 % ihrer Wärme aus fossilen Energieträgern erzeugt hat und nur 1,7 % aus erneuerbaren Energien.
Seit der Mediationsvereinbarung im Juni 2021 habem sich somit die Klimaschutzbemühungen der RheinEnergie in der Wärmeerzeugung noch nicht erkennbar niedergeschlagen.
5) Dekarbonisierung der Wärmeversorgung
Die RheinEnergie plant bis 2027 Europas größte Flusswärmepumpe am Kraftwerksstandort Niehl zu errichten. Diese Großwärmepumpe soll eine Leistung von 150 MW haben und bis zu 50.000 Haushalte mit klimaneutraler Fernwärme versorgen.
Außerdem sind kurzfristig eine Flusswärmepumpe in Merkenich und eine Grundwasserwärmepumpe in der Südstadt geplant und mittelfristig weitere Großwärmepumpen an den Kraftwerksstandorten der RheinEnergie.
Die Wärmeleistung der bisher geplanten Großwärmepumpen in Höhe von 395 MW (und Biogas-, Biomethan-BHKWs und Pellet-Heizwerke /-kessel von zusammen 10 MW) steht der bisherigen fossilen Wärmeleistung von 1.700 MW entgegen.
Fernwärme
Die Menge an benötigter Fernwärme fiel 2023 witterungsbedingt gegenüber dem Vorjahr um 2,3 % auf 1.315 GWh. [Geschäftsbericht 2023 der RheinEnergie, S. 21]
In sogenannten Transformationsplänen beschreibt die RheinEnergie den strategischen Ausbau ihrer Fernwärme bis zum Jahr 2045 und den Dekarbonisierungsfahrplan ihrer Wärmeerzeugung bis 2035. Bedauerlicherweise hat die RheinEnergie diese Transformationspläne bisher weder der Politik noch der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.
Kölner Kohleausstieg
Wir begrüßen es, dass die Verfeuerung von Braunkohle im Kraftwerk in Merkenich zum Ende dieser Heizperiode – also Ende März 2025 – eingestellt wird.
Neu errichtetes Blockheizkraftwerk (BHKW)
Laut Erzeugungsbericht hat die RheinEnergie 2022 und 2023 jeweils ein neues Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen. [Erzeugungsbericht 2023 der RheinEnergie, S. 8].
„Wir fragen uns: Wo und für wen wurden diese neuen BHKW in Betrieb genommen, mit welchem Brennstoff werden diese betrieben und mit welchen Betriebskosten (insbesondere Kosten für CO2-Zertifikate) ist z.B. 2030 und 2035 für diese BHKWs zu rechnen?“
Außerbetriebnahme von vier Wärmepumpen
Laut Erzeugungsbericht hat die RheinEnergie im Jahr 2023 vier Wärmepumpen außer Betrieb genommen.
[Erzeugungsbericht 2023 der RheinEnergie, S. 8]
„Wir würden gerne wissen, was die Gründe dafür sind?“
Geplante Solarthermie-Anlage „auf Eis“ gelegt
Im Rahmen des Mediationsprozesses hatte die RheinEnergie zugesagt, bis 2026 in der Nähe von Merheim eine große Solarthermie-Anlagen mit einer Leistung von 5 MW zu errichten (siehe auch Umweltbericht der RheinEnergie 2023, S. 38-39). Im Juli 2024 hat uns die RheinEnergie mitgeteilt, dass diese Pläne derzeit nicht weiterverfolgt werden. Wie die RheinEnergie stattdessen das Wärmenetz Merheim dekarbonisieren will, ist seitdem völlig unklar.
Die Einsatzzeiten für fossile Heizkraftwerke werden abnehmen
Mit dem bundesweiten Ausbau der erneuerbaren Energien werden fossil betriebene Heizkraftwerke zur Erzeugung von Strom in der nahen Zukunft immer seltener benötigt. Die Bundesregierung strebt einen Anteil von 100 % erneuerbarer Energien im Stromsektor bis 2035 an. Wenn die Heizkraftwerke aber immer seltener für die Stromerzeugung benötigt werden, fällt auch immer seltener Abwärme für die Fernwärme an. Daher ist es umso wichtiger, dass die RheinEnergie bis dahin auch tatsächlich ihre Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt hat.
6) Vertrieb von Erdgas
Der Erdgas-Verkauf ist im Jahr 2023 wegen der Energiekrise auf Grund des Krieges in der Ukraine deutlich eingebrochen.
Privat- und Gewerbekunden: – 12,4 %
Sonderkunden (z.B. Stadtwerke): – 28,5 %
[Geschäftsbericht 2023 der RheinEnergie, S. 24]
Die RheinEnergie geht aber für 2024 wieder von einer Zunahme des Erdgaseinsatzes um 50 % aus. Dies zeigt, dass die RheinEnergie bisher auf keinem soliden Pfad zur Dekarbonisierung ihrer Wärmeversorgung ist.
7) Ausbau erneuerbarer Energien für die Stromerzeugung
In 2023 hatte die RheinEnergie Solar GmbH Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 58 MWp. Mitte 2024 wurde eine weitere PV-Freiflächenanlage in Lärz-Rechlin mit einer Leistung von 32 MWp plus 7 MWh-Batterie-Speicher in Betrieb genommen.
Im Ausschuss für Klima, Umwelt und Grün hat die RheinEnergie am 16.09.2024 angekündigt, dass drei weitere PV-Aufdachanlagen mit einer Leistung von zusammen 10,7 MW im Bau sind und sieben weitere Anlagen mit einer Leistung von zusammen ca. 113,9 MW in Planung.
Die RheinEnergie Windkraft GmbH betreibt insgesamt 106 Anlagen mit einer installierten Leistung von rund 208 MW. Die Pläne der RheinEnergie, im Norden von Köln entlang der A57 neun und bei Worringen vier große Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von ca. 71,5 MW zu errichten, sind ins Stocken geraten, weil die Stadtverwaltung und der Stadtrat bisher nicht die notwendigen Schritte für die Änderung des Flächennutzungsplans eingeleitet haben.
8) Unbeachtetes finanzielles Risiko:
Klimawende Köln warnt davor, bereits absehbare große finanzielle Risiken zu missachten:
So werden die CO2-Abgaben auf Strom und Wärme aus Kohle- und Erdgas-Kraftwerken kontinuierlich steigen. Wenn immer mehr Haushalte auf erneuerbare Wärme umsteigen, werden die Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb des Gasnetzes auf immer weniger Anschlüsse verteilt. Daher wird sich der Absatz von fossilen Brennstoffen und Energie kontinuierlich vermindern und die Gebühren für die verbleibenden Kund*innen für den Betrieb des Gasnetzes werden deutlich steigen.
Kosten der RheinEnergie für CO2-Zertifikate:
2020: 53.761 €
2023: 114.239 €
9) Rheinlandkooperation
Im Rahmen der Rheinlandkooperation bündeln Westenergie und RheinEnergie seit dem 1.4.2023 regionale Stadtwerkebeteiligungen im Rheinland bei dem Kölner Energieversorgungsunternehmen rhenag AG. An der rhenag hält die RheinEnergie seitdem 54,42 % der Anteile. Im Zuge der Rheinlandkooperation hat die RheinEnergie von der Westenergie 20,00 % Anteile der Stadtwerke Duisburg AG übernommen. In diesem Zusammenhang hat die Westenergie ihre Anteile an der RheinEnergie von 20,00 % auf 24,22 % erhöht. Außerdem ist die RheinEnergie ist zu 50% an der RheinWerke GmbH (Düsseldorf) beteiligt.
Auszahlung an Westenergie
Von dem Ergebnis nach Steuern erhält der Gesellschafter Westenergie eine Ausgleichszahlung nach § 304 AktG von 32 Mio. € (Vorjahr 22 Mio. €).
Unser Fazit:
Wir sehen folgende Verstöße gegen die Mediationsvereinbarung zwischen der RheinEnergie, Klimawende Köln und der Stadtverwaltung:
- Die für Köln-Merheim geplante Solarthermie-Anlage (5 MW) wird nicht bis 2026 fertiggestellt, die Pläne werden derzeit nicht weiterverfolgt. Wie das Nahwärmenetz Merheim jetzt dekarbonisiert werden soll, ist völlig unklar.
- Während die Mediationsvereinbarung nur den Einsatz von grünem Wasserstoff vorsieht, ist die RE bereit, an Stelle von grünem auch blauen Wasserstoff einzusetzen. Diesen Plänen widersprechen wir ausdrücklich.
- Im Mediationsprozess wurde vereinbart, Wasserstoff nur in Zeiten von „kalten Dunkelflauten“ und unzureichender Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien einzusetzen. Für die RE soll Wasserstoff nun der Hauptenergieträger (bis zu 50 %) werden.
- Das Steinkohlekraftwerk Rostock soll nicht, wie zugesagt, deutlich vor 2030 stillgelegt werden, sondern erst 2032.
Daher fordert Klimawende Köln:
- Wir fordern von der RE, zumindest die Ziele, Annahmen und wichtigsten Meilensteine ihrer Transformationspläne für die Fernwärmeversorgung im Ausschuss für Klima, Umwelt und Grün vorzustellen und zu diskutieren.
- Wir fordern, dass die RE umgehend einen detaillierten Fahrplan für die Dekarbonisierung ihrer Wärmeversorgung vorlegt. Dieser sollte z.B. enthalten, an welchen Orten sie Wärmepumpen, Geothermie- und Solarthermie-Anlagen errichten möchte und wieviel Wärme dort jeweils erzeugt werden soll, um bestehende fossile Heiz-/Kraftwerke schrittweise bis 2035 abschalten zu können.
- Um Strom- und Wärme immer zuverlässig und kostengünstig zur Verfügung stellen zu können, muss der Einsatz von Wasserstoff auf ein Minimum („Kalte Dunkelflaute“) reduziert werden. Der Einsatz von blauem Wasserstoff ist nicht hinnehmbar.
- Köln will bis 2035 klimaneutral werden. Daher fordern wir die RE auf, bis dahin auch den Vertrieb von Erdgas einzustellen!
- Wir fordern die RE außerdem auf, ihre Beteiligung an dem Steinkohlekraft Rostock nicht „unter den Teppich zu kehren“ und die damit verbundenen CO2-Emissionen zukünftig in ihre Berichte und CO2-Bilanzen aufzunehmen!
10) Quellennachweis
Geschäftsbericht der RheinEnergie 2023 ( Juni 2024)
Erzeugungsbericht der RheinEnergie von 2023 ( September 2024)
Umweltbericht der RheinEnergie von 2023 (Juni 2024)
Stadtwerke Köln Nachhaltigkeitsbericht 2023 (Juni 2024)